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Stolpersteinverlegung:
Hallo ich bin der Fredi vom BDP Bund Deutscher Pfadfinderinnen Umstadt. Wir als antifaschistischer basisdemokratischer Jugendverband hatten vor ungefähr 2 Jahren die Idee, den jüdischen Mitbürgern und anderen Verfolgten des NS-Regimes der Stadt Groß-Umstadt ein den Umständen Entsprechendes würdiges Denkmal zu setzen. Wichtig war uns, dass diejenigen die in der NS-Zeit versucht wurden auszulöschen nicht auch noch in der Erinnerung verschwinden und dadurch ganz in Vergessenheit geraten.
Es ist für uns besonders wichtig auch immer wieder auf die heutige Zeit zu verweisen und nicht zu vergessen, dass der Nationalsozialismus und Antisemitismus nicht mit 1945 endeten, sondern dass diese Meinungen immer noch in unsere Gesellschaft vertreten sind und zum Teil viele Anhänger finden. Deswegen müssen wir an die erinnern die damals ermordet wurden und gleichzeitig denjenigen die in der heutigen Zeit immer noch Rassismus, Antisemitismus und Hass predigen die Stirn bieten. Gunter Demnigs Stolpersteine, ist ein Gesamtwerk welches nicht nur regional den Deportierten gedenkt, sondern als ganzes und großes Kunstwerk der Erinnerung gesehen werden muss und somit auch die Größe des Unrechtes der NS-Zeit begreiflicher macht. Stolpersteine findet man in so vielen Städten in Deutschland und angrenzenden Ländern, was einen auf der einen Seite nachdenklich macht und die Zahl derer aufzeigt die ermordet wurden, aber auch auf der anderen Seite zeigt, dass es überall Menschen gibt die sich Erinnern möchten, an diejenigen die ermordet wurden. Deswegen gibt es jetzt auch hier die ersten 8 Stolpersteine, ich hoffe dass weitere folgen werden und wir gemeinsam allen deportierten Bürgern aus Groß-Umstadt auf diese Weise gedenken können.
Ich werde jetzt die Namen und letzten Stationen des Lebens
von denjenigen verlesen, deren Steine wir heute verlegen werden.
Minna Liebmann
Curtigasse 4, Geboren 1871 in Groß-Umstadt
Spitzname „Hirsch-Mine“ nach ihrem Vater Hirsch Liebmann. Sie lebte seit 1903 mit ihrer Tochter Frieda und ihrem christlichen Ehemann Georg Engelmann wieder in Groß-Umstadt.
Die Ehe zwischen Minna und Georg wurde relativ früh annulliert kurz nach 1903. Die Tatsache, dass Sie mit einem Christen verheiratet war, rettet sehr wahrscheinlich ihrer Tochter Frieda, dass Leben, da sie nicht deportiert wurde.
Minna Liebmann besuchte eine Haushaltschule in Frankfurt und gab lange Zeit, jungen Mädchen in der Region Haushaltskurse.
1935 wurde Sie gezwungen in die Brunnengasse 7 umzuziehen. Nachdem Sie in der Reichspogromnacht 1938 geschlagen und drangsaliert wurde, versteckte sie sich 3 Tage im Dieburger Forst. Sie musste kurze Zeit bei Simon Lichtenstein im sogenannten Umstädter Getto wohnen. Ehe sie nach Mainz in eine jüdisches Krankenhaus, welches als Sammellager für Juden genutzt wurde, deportiert wurde, musste sie im Obdachlosenheim im Curtischloss wohnen. In dieser Zeit erhielt sie Hilfe und Unterschlupft bei der Familie Heyl.
In Mainz 1942 bekam sie die Nummer 4791 zwangstättowiert. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Lagerhaus-Schule in Darmstadt, wurde sie vom Darmstädter Hauptbahnhof in die Baracke 21 nach Theresienstadt deportiert. Nach einigem Schriftwechsel mit ihrer Tochter, brach der Kontakt Anfang 1944 ab. Die letzte Karte adressiert vom 28.Januar erreichte die Tochter im Sommer 44. Minna Liebmann wurde am 11.April 1944 in Theresienstadt ermordet.
Untere Marktstraße 3, Geb. Rapp, Geboren 1888
War Kriegerwitwe und wohnte mit Einsitzrecht in der Unteren Marktstraße 3. Ihr Brüder Ludwig und Karl verkauften schon vor 1939 all ihren Besitz in Groß-Umstadt und zogen nach Frankfurt. Der Bruder Gustav und Sie blieben in Groß-Umstadt. In der Reichspogromnacht wurde Berta Reichenberg halbnackt aus ihrem Haus geprügelt und flüchtet daraufhin nach Frankfurt. Nachdem die Familien ihrer Brüder nach Lodz und Buchenwald verschleppt und ermordet wurden, wurde Berta m 22.11.1941 im Zuge der 3. großen Deportationswelle aus Frankfurt in Richtung Riga verschleppt. Sie wurden am 25.11.1941 in Kaunas Litauen ermordet.
Lina Hammerschlag
Untere Marktstraße 10, Jahrgang 1863
Lebte vor der NS-Zeit in Mannheim, zog dann nach
Groß-Umstadt.
Dort lebte Sie mit der Tochter ihrer Schwester Jettchen Stein in der Unteren Marktstraße 10 zur Miete. In der Reichskristallnacht konnte der Hauseigentümer, August Brenner, das Haus in dem sich mehrer Frauen aufhielten, gegen die johlende Meute verteidigen, sodass niemand körperlich zu Schaden kam. Danach flüchteten die Frauen nach Mannheim zu Linas Bruder Berthold. Von dort aus wurden alle deportiert und getötet. Lina Hammerschlag wurde am 17.01.1943 in Theresienstadt ermordet
Ernestine Lichtenstein
Pfälzergasse 11, Geb. Buchmann, Geboren 1878
Verheiratet mit Baruch Lichtenstein, der 1929 verstarb. 1938 verzog sie aus Furcht vor Verfolgung mit ihren Kindern nach Frankfurt. Ihre Tochter Jenny verstarb 1941 in Frankfurt, was mit ihrer Tochter Melita geschah, ist bis heute ungeklärt. Ernestine wurde am 22.11.1941 im Zuge der 3. großen Deportationswelle aus Frankfurt in Richtung Riga verschleppt. Sie und ihr Sohn Berthold wurden am 25.11.1941 in Kaunas Litauen ermordet.
Julius Rothschild
Obere Marktstraße 7, Geboren am 29.11.1881 verheiratet mit Rosa Strauss geboren am 8.12.1880, betrieb ein kleines Geschäft in der Oberen Marktstraße 10. Er uns seine Frau Rosa hatten 3 Kinder, Willi geboren 1880, 1936 verzogen nach Frankfurt, verschollen 1943 in Auschwitz, Karola geboren 1908 heiratet Antonie Fontain wohnte zwischenzeitlich in Amsterdam, wurde nach Auschwitz deportiert und dort am 21.08.1942 ermordet. Lediglich das 3. Kind Adolf Rothschild geboren 1910 überlebte die NS-Zeit und konnte nach Süd-Afrika fliehen.
Der Vater Julius starb in Theresienstadt, seine Frau Rosa ist in Auschwitz verschollen.
Bilder mit der freundlichen Genhmigung von Frau Dorschel
Ein Verzeichnis der Umstädter Stolpersteine findet sich hier
Presseecho:
Main Netz, Echo Online, Rathaus Umstadt
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